Evgeni Koroliovs Bach-Aufnahmen haben beinahe einen Kult-Status erreicht. Das mag an seiner enormen Konzentrationsfähigkeit liegen - das Werk, das er spielt, begreift er in seiner Ganzheit und nimmt es mit mönchischer Strenge ins Visier, mit höchster Genauigkeit gibt er das Notenbild wieder und besitzt gleichzeitig größtes musikalisches Gefühl und enormen Ausdruck. Das gilt hier ebenso für Ravels Klavierwerke: Koroliovs Spiel ist so präzise, macht Ravels harmonische und pianistische Fortschritte durche ein stets wechselndes und immer passendes Klangspektrum deutlich, führt die neue und nie gekannte Dichte der Satztechnik vor Augen, verwendet eine sparsame und unhörbare Pedalisierung. Sprung- und Repetitionstechniken (La vallée des Cloches), die Ravels Musik neu definierten, sind so mühelos in das Klanbild eingewochen, dass man bei Koroliov die perfekte technische Grundlage seines Spiels für selbstverständlich nimmt. Auch im Duo mit seiner Frau Ljubka Hadzigeorgieva erreicht der Klang (in Laideronette oder Le jardin féerique aus Ma mère l'oye) eine selten gehörte Farbigkeit und Bildgewalt. Die Werkwahl greift insbesondere auf diese sphärischen, schwebenden, märchenhaft-verspielten Werke - doche eben in dieser langsamen, weichen, leisen, kontemplativen Grundstimmung liegt eine Stärke des Pianisten. Impressionistisch - "beeindruckend" im wörtlichen Sinn - ist diese Klangkultur. Für Ravel ist diese eine echte Referenzaufnahme.

Isabel Fedrizzi

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