Schön, schräg

Es ist ja nicht ganz einfach mit der Klaviermusik von Arnold Schönberg. Von den berühmten "Drei Klavierstücken" an, in denen sich der Komponist 1909 erstmals vollständig von der Tonalität verabschiedete, sind zwar alle wichtigen Entwicklungsschritte zuerst in seinen Werken für dieses Instrument zu finden - geliebt wird die Musik deshalb aber nicht.

Die meisten Interpreten wagen sich nicht an diese sperrigen Meilensteine, mit denen sich kaum die Gunst der Zuhörer gewinnen lässt. Oder etwa doch? Auf dem Label Tacet, das bisher mit gut aufgenommenen modernen Interpretationen von sich reden gemacht hat, sind nun historische Monoaufnahmen der Schönberg-Stücke erschienen, auf denen sie ganz unerhört klingen: Fern aller Zwölf-Ton-Schrecken tönt die atonale Musik plötzlich so klangsinnlich und klar, wie man es nie vermutet hätte. Der Pianist, der dieses Wunder vollbracht hat, ist kein Unbekannter, sondern ein großer Vergessener: Eduard Steuermann, 1892 in der heutigen Ukraine geboren, war Wegbereiter der Neuen Wiener Schule und ihr wohl wichtigster Interpret. Ihn wiederzuentdecken kommt der Wiederentdeckung dieser bisher ungeliebten Musik gleich.

Ergänzt werden die Schönberg-Aufnahmen mit einem anderen Blick auf Steuermann: Erika Haase, Steuermann-Schülerin und langjährige Professorin an der hannoverschen Musikhochschule, stellt gemeinsam mit Thomas Hell und Ulrike Moortgat-Pick auch den Komponisten und vor allem den Arrangeur ins rechte Licht: eine Erleuchtung!

Stefan Arndt

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