Weiser, trauriger
"Mozart hören oder spielen ist eine der wenigen Möglichkeiten, Zeit nicht nur zu vertreiben, sondern zu verwandeln, wie in einem chemischen Prozess aufzulösen. Denn bei aller irdischer Lust, die man zu finden meint, weiß sie vom Tode. Sie erzählt von Dingen, die wir nicht wissen können." Selten mag man einem Musiker so ungeschnitten zuhören, wenn er über Musik spricht. Christoph Ullrich aber, der Frankfurter Pianist mit den ungewöhnlich plastischen Worten und Tönen, hat im Booklet seiner neuen CD einen wunderbaren Essay geschrieben über Mozarts Musik und die Unmöglichkeit, ihr ganz gerecht zu werden. Denn: "Mozarts Musik verlangt nach Instrumenten, die wir nicht kennen, nach Fähigkeiten, die wir nicht haben."
Schreibt′s, und widerspricht sich gleich selbst, denn auf dieser CD ist zu hören, dass Christoph Ullrich viel, sehr viel von dieser Fähigkeit hat. Einen so ruhigen, verhangenen, gleichzeitig so klaren und wissenden Mozart hört man selten. Er klingt wie Schubert, immer ein Lied in sich, aber immer auch mehr als das - vielleicht interpretiert man da aber auch die Hörerfahrung von Ullrichs letzten CDs mit hinein, auf denen er Schubert-Sonaten mit so unglaublich abgeklärtem Ernst spielt.
Von Mozart hat der die bekannte F-Dur-Sonate KV 332 und die c-Moll-Fantasie KV 475 aufgenommen, ergänzt um ein ganz seltenes Werk: Die nachträglich zusammengesetzte Baukasten-Sonate aus KV 533 und 494, ein später, gewagter Mozart, wie er dem Innenschau-Pianisten Christoph Ullrich besonders liegt. Auch wenn man weiß, dass es so nicht gewesen sein konnte: Mozart klingt hier, als wäre er ein alter, weiser Mann gewesen, klüger als wir alle. Und irgendwie trauriger dabei."
ick

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