"Bratscherwitze fallen noch in die Zeit vor Hartmut Lindemann! Wer Rebecca Clarkes Viola-Sonate mit ihm und Ben Martin gehört hat, ist um einige Erfahrungen reicher. Er wird die oft vergeblichen Bemühungen der wenigen anderen Interpreten verstehen, Komponisten als große Komponisten zu zeigen - und die dafür entweder nicht über das erforderliche spieltechnische Potenzial verfügten oder denen es schlicht an tragfähigen Konzepten fehlte. Bei Lindemann fahren einem bereits die Eröffnungstakte in die Knochen - und man beginnt den Grund für das der Sonate vorangestellte Motto zu ahnen: "Dichter, nimm deine Laute; der Wein der Jugend gärt heut Nacht in den Adern Gottes." Sinnlicher, drängender, süchtiger kann Bratsche nicht klingen, Mit Ben Martin hat Lindemann einen Pianisten zur Seite, der seinen Intentionen nicht nur folgt, sondern spannendsten Widerpart abgibt. Unabhängig vom plakativen Motto wird die Sonate als raumgreifende, teils dramatische, teils sehnsüchtige Musik gestaltet. Daneben dringen Hindemiths Sonate op. 11 Nr. 4 oder Tertis′ Arrangement von Delius′ "Hassan-Serenade" den Hörer wieder in "normale" Gefilde zurück. Wie von Lindemann nicht anders zu erwarten, lässt er mit Sarasates Zigeunerweisen oder Kreislers "Sicilienne et Rigaudon" Falstaff aus der Ferne winken: "Alles ist Spaß auf Erden" -und doch gibt es dazwischen ein paar "ernste" Areale, die den Aufwand "des Beackerns" lohnen."
WoIfgang Wendel

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