Die Internationalen Fredener Musiktage sind auch bei uns bekannt, und sei es nur durch die Tatsache, dass deren Begründer, Utz Köster, Bratschist im OPL und Adrian Adlam, der künstlerische Leiter des Festivals, auch hier eine beachtete Musikerpersönlichkeit ist. Die Musiktage zeichnen sich durch die Qualität und Originalität der aufgeführten Werke aus. Es darf daher nicht Wunder nehmen, dass Erich Wolfgang Korngold, dessen unwiderstehliche Renaissance immer offensichtlicher wird, nun ebenfalls in der Programmierung der Fredener Musiktage aufgetaucht ist. Und so hat denn das Hausensemble, die "camerata freden", mit Adlam als erstem Geiger, 2011 das komplexe und umso faszinierendere Streichsextett op. 10 und das wohl schönste Kammermusikwerk des Komponisten, sein Klavierquintett op. 15, für das Label TACET eingespielt.

Noch vor wenigen Jahren hätte diese Produktion Ausnahmecharakter gehabt, inzwischen aber sind mehrere Aufnahmen der beiden Werke erschienen, unter denen die des Doric Quartetts durch ihre Homogenität hervorsticht. Doch auch bei der "camerata freden" ist diese eindringlich, und das Spiel der ausgezeichneten Musiker reißt den Zuhörer sofort mit. Dies ist natürlich zuerst ein Verdienst der Musik, aber was wären die größten Kompositionen, wenn ihre Interpretationen nicht ihrer Größe entsprächen?

Im tollkühnen Sextett von 1914-1916 macht die "camerata freden" deutlich, wie viel Neues und Originelles in der Komposition verborgen ist. Den Notentext akkurat und engagiert zu spielen aber ist das eine, die Intensität und den Reichtum der Musik bloßzulegen, das andere. Dies machen die Fredener Musiker mit konstanter Begeisterung. Faszinierend ist, wie geschickt sie aufeinander hören und ihr gemeinsames Wissen um den Reichtum und die Komplexität der Musik mit Verve zu Gehör bringen. Das wird im Besonderen deutlich in der Darbietung des dreisätzigen Klavierquintetts op. 15 von 1920-21. In dieser Komposition greift Korngold auf eines seiner wesentlichen Schaffensprinzipien zurück. Im Adagio übernimmt er die Thematik des Liedes "Mond so gehst du wieder auf" aus den kurz zuvor entstandenen "Abschiedsliedern" op. 14 und macht daraus eine verschlüsselte Liebesbotschaft an Luzi von Sonnenthal, die er 1923 heiraten wird. Korngold hat dem Satz den Zusatz gegeben: "Mit größter Ruhe, stets äußerst gebunden und ausdrucksvoll", und genauso wird er hier gespielt. Er allein schon macht diese CD nicht nur für Korngold-Freunde unumgänglich.

GW

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