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Immersive Neunte Mahler

In dieser Surround-Aufnahme mag Andras Keller dirigieren, für den Hörer ist das Team von Tacet für das Endergebnis nicht weniger wichtig. Ich habe schon so manche Tacet-Einspielungen im Real Surround gehört, aber diese erlaubt ein ganz besonders immersives Erlebnis, weil sie die Ausdrucksvielfalt der Musik verstärkt, die einzelnen Gesten deutlicher werden lässt, das Unerwartete und das Groteske betont. Der Hörer sitzt mitten im Orchester, das um ihn herum platziert ist, Trompeten und Schlagzeug vorne, Holz eine Reihe davor, also unmittelbar vor dem Hörer, während die Streicher genauso direkt hinter ihm sitzen. Außen links sind die Hörner, außen rechts die Posaunen und hinten die Tuba. Das ergibt ein ganz spezielles, ungewohntes Klangbild, das einem Mahlers Sprache jedoch sehr klar werden lässt.

Im ersten Satz fühlt man das Desolate und Mahlers Todesahnungen, im zweiten wird das Täppisch-derbe des Ländlers bestens zum Ausdruck gebracht.

Die Rondo-Burleske kommt sehr burschikos daher, und in der Dezidiertheit der Musik, positiv zu wirken, wird dann doch deutlich, dass das alles nur erzwungene Fassade ist, Galgenhumor, wie es Mengelberg formulierte. Der Beginn des letzten Satzes reißt uns sofort in die Welt des Abschieds zurück, die diese Symphonie wohl für Mahler bedeutete, ganz besonders in diesem Adagio-Finale, das Keller in fünfundzwanzigeinhalb Minuten erst zum Glühen und dann zum Ersterben bringt. Auch in diesem Satz ist der musikalische Tauchgang höchst intensiv, der Tod um einen herum zutiefst ergreifend, besonders wenn man die Musik mit geschlossenen Augen wie in einem Klangtunnel erlebt: Musik für einen perfekten Passagio.

Remy Franck

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