Mit der dritten Folge seiner Brahms-Einspielungen ist das Abegg-Trio bei zwei Besonderheiten angekommen. Es legt nun das als Horntrio bekannte Opus 40 und die vom Brahms-Freund Theodor Kirchner arrangierte Trioversion des Streichsextetts G-Dur op. 36 vor. Beide Werke sind zeitlich dicht beieinander in Lichtental bei Baden Baden entstanden und spiegeln Biografisches. Der im dunklen es-Moll tönende langsame Satz des Horntrios, dessen langsame Tempobezeichnung von Brahms ausdrücklich mit dem seltenen Zusatz "mesto" (traurig) versehen wird, reflektiert die Trauer des Komponisten über den Tod der Mutter. Im Streichsextett hingegen verarbeitet Brahms seine unerfüllte Liebe zu der Göttinger Professorentochter Agathe von Siebold. Er tut dies leicht verschlüsselt, indem er im Kopfsatz aus den Tönen a-g-a(t)-h-e eine melodische Figur formt. Das Abegg-Trio fängt die romantische Atmosphäre vorzüglich ein. Es hat dafür historische Instrumente gewählt und begibt sich auf eine Wanderung in die Natur. Dem Komponisten nämlich schwebte bei seinem Horntrio ausdrücklich ein Waldhorn vor, und Stephan Klatte als Triogast bläst seine Partie auf einem ventillosen Naturhorn. Er vermeidet so den wuchtigen und die anderen Instrumente übertrumpfenden Klang des modernen Ventilhorns. Das Naturhorn verbindet sich mühelos mit der zarten Violinstimme. Und weil Gerrit Zitterbart seinen Klavierpart auf einem Streicherflügel der Brahms-Zeit musiziert, kommt es im Horntrio zu einer ganz außerordentlichen klanglichen Balance. Diese bleibt auch in der Trioversion des Sextetts erhalten. Es markiert eine ebenso anmutige wie hell leuchtende Gegenwelt.
Ludolf Baucke

<< zurück