Von der Camerata Freden ist man engagiertes Kammermusikspiel in größeren Formationen gewöhnt. Und doch überraschen die Künstler mit jeder Produktion durch ihren Spielwitz, ihr gutes Kooperationsvermögen und die Bereitschaft, sich für die nicht ganz so bequemen Komponisten aus klassischer und romantischer Zeit einzusetzen. Louis Spohr etwa, hier mit seinem Streichsextett op. 140 sowie dem Nonett op. 31 für Violine, Bratsche, Violoncello, Kontrabaß und Bläserquintett vertreten, steht trotz der Popularität einiger konzertanter Glanzlichter für Geiger und Klarinettisten noch immer in der verkehrten Ecke – weil sich seine Persönlichkeit nicht einfach an Beethoven oder Schubert noch an Hummel oder Weber wird messen lassen. Das ist ja der Haken: Selbst wenn etwas "mal ähnlich klingt wie bei x oder y", dann ist damit noch nicht mehr gesagt als im Falle des Herrn Schulze, der seine Brötchen mit ganz ähnlichen Worten einkauft wie Herr Schmidt ...

Die Camerata Freden folgt nun Spohrs Spuren in einer Weise, daß sie nicht wird erröten müssen. Zwar scheint mir das ein oder andere Oberstimmchen in den Streichern nicht immer ganz so genau auszufallen, wie das für die volle Punktzahl erforderlich wäre; doch diese Schwächeleien werden durch die spritzige und fesselnde, mal äußerst feinsinnig anrührende (op. 140), mal dreist und begeisternd sprudelnde (op. 31) Ausführung der Musik bequem kompensiert. Gerade das Nonett hat es mir angetan, weil es in seiner klanglichen Erscheinung bereits wie die Concertino-Gruppe der außerordentlich originellen siebten Sinfonie ("Irdisches und Göttliches im Menschenleben") gebärdet, die ich ganz besonders liebe, und darüber hinaus einen quirligen Geist verrät, dem man nur beikommen kann, wenn man bereit ist, auf ihn zu hören, statt einzig die historische Umwelt als Meßlatte anzulegen oder gar posthumen Vorurteilen auf den Leim zu gehen. Hier hat man auf ihn gehört, und deshalb kann sich auch das Resultat hören lassen.
Rasmus van Rijn

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