"Es mutet immer ein bisschen gefährlich an, wenn sich Ensembles damit rühmen, die Vortragsbezeichnungen des Komponisten inklusive Tempoangaben auf Punkt und Komma genau zu erfüllen. Wenn im Booklet dann auch noch davon gesprochen wird, dass es sich beim Tschaikowsky-Trio um die erste Aufnahme der ursprünglichen Version handelt, dann liegt die Gefahr nahe, dass philologischer Ehrgeiz musikalische Logik allzu leicht verdrängt.
Nicht so hier. Das seit seiner Gründung 1976 in gleicher Besetzung spielende Abegg Trio integriert Tschaikowskys Vortragsanweisungen so souverän in sein flüssiges und harmonisches Zusammenspiel, als wäre hier Freiheit und nicht philologische Strenge oberstes Gebot. Dies spricht freilich auch für die Qualität einer nach wie vor unterschätzten Komposition, in dem sich romantisches Pathos und satztechnische Komplexität symbiotisch miteinander verbinden.
Im Zentrum des Interpretationsansatzes steht die plastische Präsentation der großen Form. Den sinfonischen Ausmaßen - das Werk dauert fast 45 Minuten - wird genug Raum gegeben, sich zu entfalten. Der Motor dieser wohl bald denkmalgeschützten Interpretation bildet das Klavierspiel Gerrit Zitterbarts. Sein sensibler Anschlag bei gleichzeitiger Markierung formgebender Substanz bildet die Basis für die sehr sanglich spielenden Streicher Ulrich Beetz (Violine) und Birgit Erichson (Violoncello). Ergänzt wird Tschaikowskys Trio durch das 1982 entstandene Trio Sergej Rachmaninoffs - seltsamerweise gleich zu Beginn dieser CD. Das in seiner emotionalen Haltung sehr stark an Tschaikowskys Werk erinnernde und auch diesem gewidmete Trio nimmt so gleich am Anfang der Aufnahme einiges vorweg, was sich später wesentlich glücklicher entfaltet. Gelungen ist auch die Klangqualität dieser CD. Das etwas gedämpfte Klavier ist räumlich deutlich hinter den Streichern postiert, deren unspektakulärer, aber feiner Ton ebenfalls schön eingefangen werden konnte."
Robert Spoula

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