Weit hat der Frankfurter Pianist Christoph Ullrich seinen Stammbaum zurückverfolgt, einem Musiker ist er dabei nicht begegnet. Wohl aber einem Bierbrauer, der in Arnstadt und damit an der ersten Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs seinem Handwerk nachging.

Ob Bach, der bekanntlich ein großer Biertrinker vor dem Herrn war, Kunde von Ullrichs Ahn war? Im Booklet seiner neuen CD mit Bachs „Französischen Suiten“ spekuliert der Pianist ebenso launig wie pointiert darüber und bezeichnet die Bach’sche Klaviermusik als Dank und „Seelengeschenk“ des Komponisten des 18. Jahrhundert an den Pianisten des 20. Jahrhunderts.

Bier gegen Suiten, ein guter Tausch. Und Christoph Ullrich geht mit diesem Lohn sorgfältig, ja behutsam um. Er spielt die Suiten BWV 813 bis 817 (BWV 812 fehlt hier) betont entromantisiert, allenfalls die G-Dur-Suite bekommt einen fülligeren Ton. Die übrigen Werke nimmt Ullrich meist in betont cembalistischer Manier, non-legato-Klarheit ist sein Ziel. Klanglich interessant ist hier auch das „echte“ una corda, das sich Ullrich von seinem Klavierstimmer eigens für die Aufnahme hat präparieren lassen.

So werden beim Halten das linken Pedals des Steinway-Flügels nicht wie üblich immerhin noch zwei Saiten zum Klingen gebracht, sondern wirklich nur eine. Den Effekt kann man beispielsweise im Menuett-Satz der Suite Nr. 3 hören: Der Ton ist dünn, wirkt eigentümlich isoliert. Ein Fingerspitzenton.

Christoph Ullrich, in Frankfurt und der Region vor allem durch seine vielgestaltigen Kreativkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit bekannt, hat nach seinen vor sieben Jahren veröffentlichten, sinnlich- tiefsinnigen Mozart-CDs nun ein Bach-Album vorgelegt, das sich nicht minder durchdacht präsentiert. Etwas distanzierter, spröder auch, doch mit dem feinherbem Charme und der Geschmackssicherheit eines Brauer-Urururenkels.

Stefan Schickhaus

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