Die sechs Sonaten für Violine und obligates Cembalo liefern einen Zyklus, der sich aus der Idee speist, die vielfältigen Möglichkeiten des Typus zu eruieren und weniger aus der Zwangsläufigkeit der Reihenfolge. Damit gehören sie zu den schönsten Kammermusikwerken aus Bachs Feder. Dieser Zyklus aus sechs Werken hat Bach lange Zeit begleitet, wie etwa aus den überlieferten Fassungen der G-Dur Sonate ersichtlich ist mit, wobei er sozusagen auch Zeitgeschmack einfügte. Die weitgehend eingehaltene Struktur mit vier Sätzen bietet in den langsamen Sätzen die Möglichkeit, Stimmungen zu zeigen. Die schnellen Sätze dagegen setzen auf Elemente wie kontrapunktische Meisterschaft. Anmerkenswert ist auch der Einsatz des obligaten Cembalos, der dem Spieler in der rechten Hand einen ausgearbeiteten konzertanten Part beigibt.
Daniel Gaede mit der Violine und Raphael Alpermann am Cembalo stellen diese Werke in einer sehr eloquenten Weise dar, die darauf anspielen mag, dass Bach sie selber häufig mit den Kindern oder Freunden als Hausmusik gepflegt hat, was eben andererseits auch in der wiederholten Bearbeitung und durchaus auch Verbesserung deutlich wird. Wenn auch dem Cembalisten die tragende Rolle zukommt, so lebt die Darbietung doch vom gemeinsamen Gestalten. Vergleicht man ihr Spiel etwa mit dem von Reinhard Goebel und Robert Hill, aufgenommen Mitte der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts, so wird vor allem der gänzlich andere Ausdrucksansatz deutlich. Während Goebel und Hill vor allem in den schnellen Sätzen einen geschäftigen, etwas mechanisch oder spröde wirkenden Stil bieten, trauen sich Gaede und Alpermann, die Musik Musik sein zu lassen und einfach schön erklingen zu lassen. Vielleicht möchte jemand einwenden, dass das durchaus zu überschießender Expressivität führen mag. Doch stellt sich bei mir dieser Höreindruck nicht ein, vielmehr gelingt es den beiden Interpreten fantastisch, die barocken Formen mit ihren sensibel portionierten Ausdrucksmöglichkeiten so zu beleben, dass sie dem Hörenden nicht nur einen Genuss bieten, sondern auch die Qualität der Kompositionen erlebbar machen.
Uwe Krusch<< back