"… welcher Schmelz und Reiz über dem ganzen Tönen war"
"Wie lieblich da der Gesang klang, wie die Sopranstimmen so hell in die Luft trillerten, und welcher Schmelz und Reiz über dem ganzen Tönen war, alles so still und heimlich und doch so hell, - das hatte ich mir nicht vorgestellt. - Es war ein Chor von etwa zwanzig guten Stimmen..." Dieser euphorische Ausspruch ist von Felix Mendelssohn Bartholdy überliefert als er einige seiner Lieder für gemischten Chor - mit der Vortragsanweisung "Im Freien zu singen" - in eben dieser freien Natur, sprich "tief im Walde" intoniert, hörte. Auch wenn unsere Sprache nicht mehr den beseelten Grundton eines Eichendorff oder eben Mendelssohn Bartholdy besitzt, darf dennoch angenommen werden, dass des Komponisten Urteil heute ähnlich ausgefallen wäre, hätte er die jetzt erschienene CD-Aufnahme seiner Lieder gehört.
Diese entstammt den Kehlen der Mitglieder des Sächsischen Vocalensembles, dessen Gründer und Leiter Matthias Jung wieder ein Musizieren an den Tag legt, mit dem er sich und seinen Prinzipien hörbar treu bleibt. Was heißt, dass auch hier im Sinne des musikalischen Urtextes und der Entstehungszeit der Werke gedacht und gesungen wird. Mit schlankem, klangschönem, beweglichem Gesang. Geradezu erfrischend.
30 weltliche Lieder für gemischtem Chor a cappella sind aus den Jahren zwischen 1834 und 1847 überliefert und auf dieser CD vereint. Zu Texten ua. von Heinrich Heine, Johann Wolfgang von Goethe, Nikolaus Lenau, Johann Ludwig Uhland, Josef Karl Benedikt von Eichendorff. Zwei der Titel sind gar Ersteinspielungen: "Die Frauen und die Sänger" auf einen Text von Friedrich Schiller und "Lasset heut am edlen Ort", das zum 70. Geburtstag Zelters nach Goethe-Worten entstand. Erst im 20. Jahrhundert erschienen die Lieder in Faksimile-Ausgaben und sind bis dato relativ unbekannt geblieben. Bei der Vorbereitung des CD-Projektes war Matthias Jung auch darauf gestoßen, dass in den zu DDR-Zeiten erstellten Leipziger Peters-Notenausgaben ein Titel fehlte: Offenkundig war den DDR-Chefideologen der von Mendelssohn vertonte Eicheindorff-Text über den deutschen Kaiser nicht genehm. (…)"
Kerstin Leiße

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