Von letzten Dingen
Es ist 18 Jahre her, dass das Stuttgarter Label TACET Bachs "Kunst der Fuge" in der Einspielung eines fast unbekannten russischen Pianisten vorgelegt hat. Für György Ligeti war das die CD für die berühmte einsame Insel, "bis zum letzten Atemzug" würde er nach eigenem Bekunden diese Platte hören wollen. Heute hat sich Evgeni Koroliov unter den großen Pianisten etabliert, und nach wie vor bilden Bachs Werke den Mittelpunkt seines Schaffens. Nach den Goldberg-Variationen and dem "Wohltemperierten Klavier" sind nun die Französischen Suiten als Doppel-CD erschienen und belegen erneut den Rang dieses Ausnahmepianisten. Koroliov sagte einmal, er glaube nicht, dass es wertvoller sei, dem Individuum Ausdruck zu verleihen als dem Universum. Tatsächlich erscheint unter seinen Händen Bachs Kontrapunktik wie eine Emanation von Spiritualität: Musik als Offenbarung der letzten Dinge - was dann wieder eine zutiefst romantische Haltung ist. Das Hören dieser Aufnahme ist ein faszinierendes Erlebnis: Koroliov durchschreitet den Suitenkosmos mit einer völlig entspannten Haltung, jedes Motiv, jede Phrase ausleuchtend. Vor allem kontemplative Satze wie die Sarabanden und Allemanden werden so zu quasi absoluter Musik, ohne dass sie ihren speziellen Formcharakter verlieren würden. Koroliov ist und bleibt ein uneitler Mystiker. (fab)

<< retourner