(...) Seit der Gründung des Auryn Quartetts im Jahr 1981 konzertieren heute mit den beiden Geigern Matthias Lingenfelder und Jens Oppermann, dem Bratscher Stewart Eaton und dem Cellisten Andreas Arndt noch immer dieselben Musiker, die sich damals der gemeinsamen Erarbeitung der Kammermusik verschrieben hatten. Und diese jahrzehntelange gewachsene Vertrautheit zahlt sich aus: Man wird nur schwerlich ein anderes Ensemble finden, das ein solch homogenes Verschmelzen des Klangs zu erreichen vermag, das einen Akkord am Ende einer Phrase gemeinsam so ebenmäßig verlöschen lassen kann, und das die intonatorischen Belange so schlackenlos und perfekt auf den Punkt zu bringen versteht. Dazu kommt ihre Fähigkeit, jeder auch noch so kleinteiligen musikalischen Phrase einen in sich so vollkommenen und stimmigen Gestus des Ausdrucks mitzugeben, jede Akzentuierung und jede artikulatorische Konturierung, jede rhythmische oder dynamische Modellierung der melodischen Linienführung so natürlich, so fein austariert und so organisch ins Gesamtgefüge einzubetten, dass sich beim Hören nie der Gedanke an ein Hinterfragen der eigentlichen interpretatorischen Absicht ergibt.

Die Auryn-Quartettisten vermitteln durchgängig das Gefühl eines "so und nicht anders". Wollte man aus dieser phantastischen Einspielung irgendetwas beispielhaft herausgreifen, dann vielleicht die überwältigende Darstellung, die das sechste Quartett aus Opus 64, das Es-Dur Quartett, erfährt. Im Kopfsatz fasziniert das ungezwungene Spiel mit Haydns kontrapunktischen Finessen, das einhergeht mit subtilen Wechseln der Klangfärbung und einer unterschiedlich angegangenen Luftigkeit der Atmosphäre, ein Aspekt, der auch nachfolgend das Andante bestimmt. Hier ist es ein feinnerviges Changieren zwischen filigran gehandhabter Intimität in den Rahmenteilen und einer gleichsam orchestralen Dichte im Mittelteil des Satzes. Dass sich bei alledem Haydns instrumentatorische Zuordnungen bis in die kleinsten Verästelungen hinein verfolgen lassen, ist nicht zuletzt auch ein Verdienst der auf äußerste Durchsichtigkeit angelegten Aufnahmetechnik.

Thomas Bopp

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