Klangmagie

Der Orchesterklang ist bei Ravel beinahe ein Wert für sich. Ob man aber die schillernden Farben und Texturen seiner Partituren zum Hauptdarsteller einer Einspielung machen sollte, wie Carlo Rizzi und das Netherlands Philharmonic Orchestra es offenbar tun? Auf ihrer CD wird Ravel als Klangmagier zelebriert wie selten zuvor. Dass dies überzeugend funktioniert, ist nicht zuletzt der exzellenten Tontechnik dieser Aufnahme zu verdanken.
In "La valse" ist Farbe jedoch nicht alles. Rizzi verliert sich hier etwas in der Komplexität des Orchestersatzes, in den Nebenstimmen und Details, die bei ihm oft alle gleich wichtig sind. Man vermisst die klare Linie, die Pierre Monteux in seiner legendären Londoner Einspielung von 1964 in dieses Stück hineinbrachte, ohne der Fin-de-siècle-Stimmung etwas schuldig zu bleiben. Die Zuspitzung zur finalen Katastrophe gelingt Rizzi wiederum recht überzeugend.
Den Boléro dirigiert der Italiener recht langsam, verleiht dabei der Melodie das größere Gewicht gegenüber dem ostinaten Rhythmus, der auch von der Tontechnik leicht in den Hintergrund gerückt wird. Viele schöne, ausdrucksstarke Intrumental-Soli kann man hier bewundern, einen wahren Rausch ständig wechselnder Tönungen und Mixturen. Und doch, die Sogwirkung, die wiederum Monteux in diesem Stück entwickelt, will sich in der neuen Aufnahme nicht einstellen.
Die "Mutter Gans" Miniaturen und die "Pavane" präsentiert Rizzi farbenfroh und stimmungsvoll. In der "Tzigane" gibt Gordan Nikolic mit Emphase den geigenden Zigeuner.
Andreas Friesenhaben

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