Genialisch gut

Immer noch gibt es wenig bekannte Kammermusik-Schätze, die zur Zeit ihrer Entstehung entweder aus dem Rahmen fielen oder aus irgendeinem Grund an den Repertoire-Rand gedrängt wurden und die gleichsam nur darauf warten, bis die Zeit für die Wiederentdeckung reif und das passende Ensemble gefunden ist, um die Kompositionen wie mit dem Zauberstab zum Leben zu erwecken.

Für Korngolds frühe und wahrhaft genialisch gute Kammermusik ist dieser Augenblick jetzt gekommen. Und mit der atemberaubend gut aufspielenden Camerata Freden ist auch genau das richtige Ensemble angetreten, um die Wiedererweckung dieser hinter einer Dornenhecke in den hundertjährigen Schlaf gefallenen Königswerke von märchenhafter Poesie zu einem diskografischen Ereignis werden zu lassen. Man kann, man will sich schier nicht satt daran hören, mit welch betörendem Klangsinn die sechs Musiker dem Streichsextett des gerade einmal 19-jährigen Korngold zu Leibe rücken. Das wunderbar Schwebende, Leichte, Duftig-Offene und dabei doch so Raffinierte dieses Werkes wird ebenso präzise wie pastellfarben inszeniert, dass man sich einfach nur erstaunt die Ohren reibt.

Auch das schwungvollere und markantere Klavierquintett aus dem Jahr 1921/22 erfährt die ideale Interpretation, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass sich der Pianist Thomas Hell optimal in die Gruppe der Streicher integriert.

Inspirierender, intensiver und engagierter lässt sich Kammermusik kaum zelebrieren.

Burkhard Schäfer

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