Es ist nicht das erste mal, dass sich der in Hamburg lebende Russe Evgeni Koroliov Schubert zuwendet. Nun sind es zwei der großen späten Sonaten. Und schon in der G-Dur -Sonate D 894 findet er zu einem ausgeglichenen Ausdruck der den nachsinnenden Pianisten erkennen lässt. Mit viel Ruhe und dem Gespür für die schöne Einfachheit der Melodien gestaltet er den ausufernden 1. Satz, baut dabei die Dramatik so geschickt auf, dass der Zuhörer eingeladen wird, den Gedanken Schuberts zu folgen. Doch Koroliov ist ein derartig versierter Interpret, dass er bei aller inneren Zerrissenheit nicht nur die Ruhe bewahrt, wenn die retardierenden Momente folgen, sondern er vermag auch den großen Bogen geschlossen darzustellen. Zudem lässt er erkennen, dass Schuberts Sätze immer minimalistisch aus einem Motiv gesponnen werden. Vor allem aber begeistert die austarierende Klanggebung Koroliovs, die immer stimmig, niemals aufgesetzt oder etwa im Fortissimo hässlich wird. Selbst im Menuetto des 3. Satzes findet der Russe zum Wienierischen im Ausdruck - vielleicht fast ein wenig zu langsam genommen. Überhaupt könnte man sich die Tempi ein wenig stärker kontrastierend vorstellen. Dennoch tut dies dem Spiel, das immer auch Transparenz aufweist, keinen Abbruch. Und dieselben Merkmale des allein auf die Musik ausgerichteten Spiels hört man in der späten A-Dur-Sonate. Mit Ruhe und der Fähigkeit, sich selbst zuzuhören, lässt Koroliov die Musik dahinfließen, formt und gestaltet, agiert als reiner Interpret. So sollte Schubert klingen!

Carsten Dürer

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