--> zur Originalkritik

Von der kurzen Einlage einer Solobronchistin abgesehen gibt es keine vernehmlichen Hinweise darauf, dass Charles Gounods erste Symphonie für die gegenwärtige Veröffentlichung live mitgeschnitten wurde: Der Klang ist exzellent, die Spielfreude außerordentlich, das Timing der einzelnen Sätze und ihrer Relationen zueinander vorzüglich – und wenn endlich der Beifall losbricht, bin ich längst so sehr in den Bann der Ereignisse hineingezogen, dass ich ein nachdrückliches "Jawoll!" nicht zurückhalten kann.

Natürlich ist Gounods Versuch in frühem Schubert und mittlerem Beethoven eher Unterhaltung als Bekenntnis, aber, lieber Himmel, welch ein Vergnügen bereitet nicht diese prächtige Darbietung des Niederländischen Kammerorchesters, das danach unter Gordan Nikoli auch in der zweiten Symphonie des Franzosen eine mitreißende Figur macht.

Diese Studioproduktion profitiert womöglich noch mehr von der feinen Transparenz des Ensembles, unter dessen solistischen Vorzüglichkeiten ein leider nicht namentlich genannter Fagottist hervorragt, der mit seinem geradezu betörenden Kantabile und seinen kessen Einwürfen zum heimlich Star dieser Einspielung wird, ohne dass er sich etwa vordrängte oder das Rampenlicht auf sich zöge: Die Natürlichkeit der kompositorischen, dirigentischen und aufnahmetechnischen Regie gewähren ihm einfach das gehörige Ambiente, um sein doppeltes Rohrblatt in einer Eloquenz singen zu lassen, die förmlich nach den einschlägigen Stellen aus Beethovens vorbildhaften Symphonien lechzt. Da zugleich niemand den Versuch unternimmt, die Musik durch übertriebenen Kraftaufwand aufzublähen, bleibt als interpretatorisches Fazit nur die Höchstnote.

Rasmus van Rijn

<< retourner