Er ist einer der Pianisten, die lange nachzudenken scheinen, bevor sie sich ans Instrument setzen, zumindest bevor sie sich zu einer Aufnahme entschließen: der Grazer Markus Schirmer. Seine Auswahl an drei frühen Klaviersonaten Beethovens scheint ihm mehr als zu liegen. Denn die Innigkeit, die entschlackte Geradlinigkeit, mit der Schirmer hier musiziert, macht diese Sonaten in seiner Spielweise zwar nicht neu, aber durchweg hörenswert. Nicht die extrovertierte Darstellung der nicht zu verleugnenden Sturm- und Drang-Phase des Komponisten steht für diesen Pianisten im Vordergrund, sondern die Struktur, die er faszinierend auszuleuchten versteht. Dass Schirmer dabei auch die Akzentuierungen famos zu setzen versteht, die dynamischen Unterschiede nutzt (wie im Schlusssatz der A-Dur-Sonate), versteht sich bei einem Pianisten seiner Klasse fast von selbst. Eigenwilligkeit beweist er wirklich bei der "Pathétique". Hier fehlen dem Zuhörer zu Beginn die großen Bindebögen, die Vehemenz, die diese Sonate in den meisten Interpretationen auszeichnet. Doch Schirmers Ansatz ist stimmig, er hört den Gedankengängen Beethovens in seiner Tiefe nach - und überstürzt vor allem das "Allegro di molto e con brio" des ersten Satzes nicht, wie dies so viele andere Pianisten tun. Wunderschön gelingt ihm dann der Mittelsatz in seiner lyrischen Sinnlichkeit. Ungestüm dagegen der Abschlusssatz, doch auch hier nicht zuviel Effekthascherei, sondern geschickt gewürzter Fluss der Ideen. Schirmer spielt einen Beethoven, der an die Substanz geht, der Spaß macht und in jedem Fall absolut konkurrenzfähig zu Vergleichsaufnahmen ist.
Carsten Dürer

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