′Das 1976 gegründete Abegg Trio gehört seit vielen Jahren zu den führenden Kammermusikformationen in Europa. Und zwar nicht nur aufgrund seiner interpretatorischen Qualitäten, sondern auch wegen eines wissenschaftlich fundierten Umgangs mit dem Notenmaterial und der klugen Programmgestaltung. Diese Tugenden kommen auch auf der neuesten CD des Ensembles mit Werken von russischen Komponisten zum Vorschein. So haben die Musiker dem Hauptwerk der Aufnahme, Tschaikowskys Klaviertrio op. 50, eine passende Ouvertüre vorangestellt: Das 1892 entstandene „Trio élégiaque“ eines damals 19-jährigen Studenten und Tschaikowsky-Verehrers namens Sergej Rachmaninoff...
Im Mittelpunkt der CD steht jedoch Tschaikowskys eigenes Klaviertrio op. 50 in a-moll. Das Stück entstand 1881 im Gedenken an den verstorbenen Freund und Förderer Nikolaj Rubinstein und gilt gemeinhin als sein avanciertestes Kammermusikwerk. Es gliedert sich in zwei Teile: Einen ausgedehnten, von melancholischen Stimmungen geprägten Sonatensatz und eine Folge von 12 Variationen, in deren Verlauf unter anderem ein Walzer, eine Mazurka und eine kunstvoll gebaute Fuge auftreten. Aus klanglicher Sicht ist das Trio sehr üppig gestaltet: Immer wieder überschreitet Tschaikowsky den Rahmen des Kammermusikalischen und verleiht dem Stück einen Zug ins Orchestrale. Nur durch eine sehr sorgfältige Darstellung gelingt es den Mitgliedern des Abegg-Trios, das Ganze transparent zu halten. Bei aller philologischen Detailgenauigkeit vermögen sie jedoch glücklicherweise den großen Bogen zu wahren und die Ermüdungsgefahr abzuwenden. Wie schrieb der Kritiker Eduard Hanslick vor 100 Jahren so schön über das Werk? „Es gehört zur Klasse der Selbstmörder unter den Kompositionen, zu jenen, welche durch unbarmherzige Länge sich selbst umbringen“. Das Abegg-Trio hat es nun zu neuem Leben erweckt.′
Marcus Stäbler

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