CD des Monats
"»Der Mode des Tages sehr entgegengesetzt« beschrieb der große Dirigent Wilhelm Furtwängler (1886-1954) sein kompositorisches Schaffen, das zu seinem Leidwesen nie die Anerkennung fand wie seine nachschöpferischen Aufführungen der alten Meister. Das über einen riesigen Zeitraum in gigantische Dimensionen gewachsene Klavierquintett sprengt die von Bach bis Bruckner gezogenen Grenzen der Kammermusik. Trotz der scheinbar harmlosen, aber meist kunstvoll verschleierten Grundtonart C-dur: In Ausdehnung, Dynamik, Expressivität und Kontrastschärfe dürfte das eher symphonische als intime Werk zartbesaitete Zeitgenossen überfordern. Die Wucht des Eröffnungssatzes kann schier betäuben, das Adagio ist ein endloser Schmerzensgesang zwischen grellen Aufschreien und düsterster Melancholie. Erst der dritte Satz bietet fast überraschend frohe, zugänglichere Passagen, allerding ohne platte Gefälligkeiten.
Das zwischen 1912 und 1934/35 entstandene Kolossal-Quintett wurde zu Lebzeiten Furtwänglers nicht aufgeführt. Im Jubiläumsjahr kommt zu den zwei vorliegenden Einspielungen (Quatuor Elyséen und Danièle Bellik; Bayer; sowie Quatuor Sine Nomine und Francois Kerdoncuff; Timpani) nun eine dritte. Sie ist die bislang beste: dank der brillanten Klangqualität, vor allem aber, weil sie die Extreme der Partitur nicht scheut, Spannungen bis zur Schmerzgrenze auskostet, die tragische Emotionalität rückhaltlos vermittelt.
So erübrigen sich Diskussionen um Furtwänglers Epigonentum oder gar seine Qualitäten als Tonsetzer. Die Intensität der hochpräzisen Darstellung überspielt die ohrenfälligen Längen bewundernswert. Triumph des von Furtwängler stets beargwöhnten Tonträgers: Man kann sich kaum vorstellen, dass der Pianist und die vier Streicher diesen Kraftakt live so durchhalten würden."
Lothar Brandt
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"»Der Mode des Tages sehr entgegengesetzt« beschrieb der große Dirigent Wilhelm Furtwängler (1886-1954) sein kompositorisches Schaffen, das zu seinem Leidwesen nie die Anerkennung fand wie seine nachschöpferischen Aufführungen der alten Meister. Das über einen riesigen Zeitraum in gigantische Dimensionen gewachsene Klavierquintett sprengt die von Bach bis Bruckner gezogenen Grenzen der Kammermusik. Trotz der scheinbar harmlosen, aber meist kunstvoll verschleierten Grundtonart C-dur: In Ausdehnung, Dynamik, Expressivität und Kontrastschärfe dürfte das eher symphonische als intime Werk zartbesaitete Zeitgenossen überfordern. Die Wucht des Eröffnungssatzes kann schier betäuben, das Adagio ist ein endloser Schmerzensgesang zwischen grellen Aufschreien und düsterster Melancholie. Erst der dritte Satz bietet fast überraschend frohe, zugänglichere Passagen, allerding ohne platte Gefälligkeiten.
Das zwischen 1912 und 1934/35 entstandene Kolossal-Quintett wurde zu Lebzeiten Furtwänglers nicht aufgeführt. Im Jubiläumsjahr kommt zu den zwei vorliegenden Einspielungen (Quatuor Elyséen und Danièle Bellik; Bayer; sowie Quatuor Sine Nomine und Francois Kerdoncuff; Timpani) nun eine dritte. Sie ist die bislang beste: dank der brillanten Klangqualität, vor allem aber, weil sie die Extreme der Partitur nicht scheut, Spannungen bis zur Schmerzgrenze auskostet, die tragische Emotionalität rückhaltlos vermittelt.
So erübrigen sich Diskussionen um Furtwänglers Epigonentum oder gar seine Qualitäten als Tonsetzer. Die Intensität der hochpräzisen Darstellung überspielt die ohrenfälligen Längen bewundernswert. Triumph des von Furtwängler stets beargwöhnten Tonträgers: Man kann sich kaum vorstellen, dass der Pianist und die vier Streicher diesen Kraftakt live so durchhalten würden."
Lothar Brandt
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