Rondomagazin: "Beim Titel könnte man kalauern: das Stuttgarter Kammerorchester drückt kräftig auf die Tube und der Hörer guckt in die Röhre. Aber erstens wäre das Nonsens und zweitens nicht witzig. Beim Mikrofon Neumann M49, dem Verstärker V 72, dem Regler W 85 ("aus diskreten Widerständen aufgebaut"!), dem Tonband M5 von Telefunken - da gucke ich in der Tat in die Röhre. Nur soviel habe ich verstanden (?), dass bei dieser Produktion der moderne Halbleiter (der sich fast jedem Elektrogerät unserer Tage befindet) in sehr aufwendigen Prozeduren durch die in den frühen Fünfzigern verwendete, transistorfreie Aufnahmetechnik der Röhre ersetzt wurde. Dass früher alles besser war, ist klar. Aber auch die Technik!? Hört man das akustische Ergebnis, dann lautet die Antwort eindeutig ja! So raumgreifend, so plastisch, so hautnah habe ich dem Stuttgarter Kammerorchester und auch sonst einem CD-gepressten Künstler noch nicht beigewohnt. Die mit Karl Münchinger in den Sechzigern zu Weltruf aufgestiegenen Schwaben nutzen die Gunst der Akustik-Stunde - ohne (Halb-)Leiter - und legen eine hinreißende Tour durch die Musik des 18. Jahrhunderts hin. Dabei glaubt man sich bei Boccherinis "Nachtmusik auf den Strassen Madrids" zunächst im 20. Jahrhundert, so naturalistisch wird hier die südländische Geräuschkulisse in Szene gesetzt. Auch Bibers Battaglia wartet mit allerlei Ohs und Ahs auf. Bei den übrigen Concerti (grossi) à la Händel und Corelli etc. sind zwar keine Repertoire-Entdeckungen, dafür aber eine bestechende präzise Ensembleleistung zu goutieren. Und natürlich: "die Röhre". Also: Zurück in die Zukunft!"
Christoph Braun

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